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Essstörungen vorbeugen und richtig reagieren

Wenn Jugendliche an Essstörungen erkranken, ist das ein „Hilferuf der Seele“. Denn Essstörungen sind psychische Erkrankungen, die rasch und kompetent behandelt werden müssen. Wir erklären, was Bezugspersonen tun können, um Essstörungen bei Jugendlichen vorzubeugen und wie sie erkrankte Menschen unterstützten können.

Was Angehörige tun können, um Essstörungen bei Jugendlichen vorzubeugen. Wenn junge Menschen trotzdem erkranken, übernehmen Bezugspersonen eine wichtige Rolle.

Was sind Essstörungen?

Essstörungen sind keine Störungen des Ernährungsverhaltens, die mit „richtigem“ Essverhalten geheilt werden könnten. Sondern sie sind psychische Erkrankungen: Betroffene haben ein verzerrtes Körperbild und beschäftigen sich gedanklich und emotional ständig mit dem Thema Essen. Sie machen ihr Wohlbefinden vom eigenen Körpergewicht abhängig. Ihre Selbstachtung hängt davon ab, wie andere über sie urteilen.

Die Ursachen von Essstörungen sind psychosomatisch. Das heißt, dass seelische Belastungen sich auf das körperliche Verhalten auswirken. Die Betroffenen können Herausforderungen psychisch nicht verarbeiten und versuchen, sie durch ihr Essverhalten zu lösen. Essstörungen werden deshalb auch als „Hilferuf der Seele“ bezeichnet. Es handelt sich um ernst zu nehmende Erkrankungen. Sie sollten unbedingt behandelt werden, da sie schwere gesundheitliche Schäden nach sich ziehen können.

Das sind die häufigsten Störungen des Essverhaltens

Magersucht - Anorexia Nervosa
Bei dieser Art der Essstörung fühlen sich betroffene Menschen viel zu dick. Dieses Gefühl haben sich auch dann noch, wenn sie schon stark untergewichtig sind. Sie haben Angst vor einer Gewichtszunahme und hungern. Dadurch suchen sie nach Selbstbestätigung, sind aber oft einsam und entwickeln Zwänge.

Ess-Brech-Sucht - Bulimia Nervosa
Dabei wechseln sich Essanfälle mit Hungerphasen ab. Oft erbrechen Betroffene direkt nach dem Essen, um die Nahrung wieder aus dem Körper zu bekommen. Sie empfinden sich selbst als wertlos und leer, obwohl andere Menschen sie als selbstbewusst wahrnehmen. Ihre Erkrankung verheimlichen sie meistens.

Esssucht - Binge Eating Disorder
Betroffene dieser Essstörung bekommen immer wieder Essanfälle und haben dabei das Gefühl, die Kontrolle zu verlieren. Durch das übermäßige Essen versuchen sie, mit belastenden Gefühlen klarzukommen oder eine „innere Leere“ zu füllen. Zumeist schämen sie sich und erzählen niemandem von ihrem Essverhalten.

(Quelle/mehr Infos: Hotline für Essstörungen der Wiener Gesundheitsförderung – WiG)

Wie kann Essstörungen vorgebeugt werden?

Besonders Eltern fragen sich häufig, was sie vorbeugend gegen die Entstehung einer Essstörung bei ihren Kindern tun können. Manche möglichen Mitursachen wie zum Beispiel genetische Faktoren lassen sich freilich nicht verändern. Eltern und andere Bezugspersonen können aber auf gewisse Schutzfaktoren achten, um Essstörungen möglichst zu verhindern.

Das können Angehörige tun, um das Entstehen von Essstörungen zu vermeiden

Die beste Vorbeugung gegen die Entwicklung von Essstörungen ist, wenn Jugendliche sich in ihrem eigenen Körper wohl fühlen und ein gesundes Selbstbewusstsein haben. Grundsätzlich sollten Kinder und Jugendliche von ihren Eltern und Bezugspersonen das Gefühl bekommen, vollkommen angenommen und akzeptiert zu werden. Das vermittelt ihnen ein positives Selbstwertgefühl.

Konkret können Eltern außerdem auf folgende Schutzfaktoren achten:

  • Eltern können positive Vorbilder sein, was das eigene Körperbild angeht. Sie sollen ausstrahlen, dass sie ihren Körper so annehmen, wie er ist. In der Familie häufig Diäten zu machen oder sich auf die Waage zu stellen, hat weniger gute Vorbildwirkung.
  • Es ist wichtig, dass Eltern ihren Kindern vorleben und erlauben, dass alle Gefühle wichtig sind und gezeigt werden dürfen. In der Familie sollte es außerdem möglich sein, dass jedes Familienmitglied seinen eigenen Interessen und Hobbys nachgeht.
  • Konflikte in der Familie positiv auszutragen, bedeutet, dass jedes Familienmitglied die eigene Meinung sagen kann. Auch wenn jemand verärgert oder enttäuscht ist, ist das von den anderen anzuerkennen.
  • Jugendliche können in der Familie lernen, dass allgemein angepriesene Schönheitsideale wie zum Beispiel „eine Frau muss schlank sein“ kritisch hinterfragt werden dürfen. Das gilt auch für Bilder in Medien und Sozialen Medien.
  • Eltern können darauf achten, dass ihr Kind genügend soziale Kontakte hat. Es soll zum Beispiel eigene Freund*innen mit nach Hause bringen dürfen.
  • Eltern dürfen ihren Selbstwert nicht davon abhängig machen, was sie leisten. Denn Kinder schauen sich ab, was Eltern vorleben. Leistung, zum Beispiel in der Schule, im Beruf oder im Sport, sollte keine große Rolle innerhalb der Familie spielen.

Wie Eltern eine positive Esskultur in der Familie schaffen

Eltern können viel tun, um innerhalb der Familie für eine gute Esskultur zu sorgen. So bekommen Kinder ein positives Verhältnis zum Essen.

  • Eltern können darauf achten, dass Mahlzeiten als Familie gemeinsam eingenommen werden.
  • Beim gemeinsamen Essen soll es möglichst keine Ablenkungen geben. Niemand sollte während des Essens fernsehen, Zeitung lesen, telefonieren oder am Handy spielen.
  • Die Atmosphäre beim Essen soll freundlich sein. Kinder sollten nicht gezwungen werden, aufzuessen. Außerdem sollten sie nicht mit Essen belohnt oder bestraft werden.
  • Eltern können darauf achten, dass das Essverhalten in der Familie ausgewogen ist. Es soll nichts verboten werden und auch Süßes darf in den Speiseplan integriert werden.

Wie können Bezugspersonen mit Essstörungen umgehen?

Eltern, Lehrkräfte, Mitschüler*innen, Freund*innen und andere Bezugspersonen spielen eine große Rolle im Umgang mit Essstörungen bei Jugendlichen. Erstens können aufmerksame Mitmenschen die Anzeichen einer Essstörung erkennen, was der erste Weg zur Behandlung ist. Zweitens können Angehörige eine wichtige Stütze für erkrankte Menschen sein.

Sprechen Sie am besten unter vier Augen mit dem betroffenen Menschen. Suchen Sie dafür einen neutralen Ort aus, aber keine Situation, in der Sie beide etwas essen. Ein Spaziergang eignet sich gut. Verhalten Sie sich beim Reden natürlich, freundlich und Ihrem Gegenüber zugewandt. Sagen Sie der Person, dass Sie sich Sorgen machen. Verwenden Sie bevorzugt „Ich-Sätze“: Formulieren Sie zum Beispiel „Ich mache mir Sorgen, weil …“ oder „Mir fällt auf, dass …“. Stellen Sie Fragen und hören Sie aufmerksam zu, welche Antworten kommen. Weitere Tipps finden Sie im Folder „Essstörungen?! Hilfe für Angehörige“ der Hotline für Essstörungen der Wiener Gesundheitsförderung - WiG.

Wie erhalten betroffene Jugendliche und Angehörige die passende Hilfe?

Jugendliche, die an einer Essstörung leiden, benötigen professionelle Hilfe. In einer Psychotherapie sprechen sie in vertrauensvoller Atmosphäre über ihre herausfordernde Situation. Das ist sehr wichtig, da eine Essstörung eine psychische Erkrankung ist, deren Ursache große seelische Belastungen sind. Idealerweise wird die Psychotherapie medizinisch begleitet. Auch Angehörige von Betroffenen einer Essstörung können sich an Beratungsstellen werden.

Erste und spezialisierte Anlaufstelle kann die Hotline für Essstörungen in der Wiener Gesundheitsförderung – WiG sein. Die Beratungsstelle ist sowohl telefonisch als auch per E-Mail erreichbar. Das professionelle Beratungsteam begleitet hilfesuchende Menschen und gibt bei Bedarf die Kontakte von weiteren Beratungsstellen, Kliniken, Psychotherapeut*innen, Ärzt*innen

Die Österreichische Gesellschaft für Essstörungen (ÖGES) listet auf ihrer Website weitere Beratungsstellen in Wien und den Bundesländern auf, wo Betroffene und Angehörige Hilfe erhalten. Sie informiert auch über stationäre und ambulante Einrichtungen in Wien zur Behandlung von Essstörungen. In Wien gibt es außerdem verschiedene Selbsthilfegruppen für Betroffene und Angehörige.