Erkrankt ein Familienmitglied an Demenz, stellt das den Alltag auf den Kopf. Den Angehörigen wird viel abverlangt, vor allem Geduld und Verständnis. Sich über die Erkrankung zu informieren, kann enorm dazu beitragen, den Alltag besser zu bewältigen.
7 Tipps: Umgang mit Demenz in der Familie

Demenz ist eine Erkrankung, die nicht nur das Leben der Betroffenen, sondern auch ihrer Angehörigen stark verändert. Diese müssen plötzlich mit neuen Aufgaben und Verantwortungen umzugehen lernen. Angehörige können viel tun, um Demenz zu verstehen und einen besseren Umgang damit zu finden.
Was ist Demenz und welche Anzeigen gibt es?
Demenz ist eine fortschreitende Erkrankung, bei der sich das Gehirn verändert und bestimmte geistige Funktionen verlorengehen. Das kann sich durch verschiedene Warnzeichen bemerkbar machen. Zu den ersten Anzeichen zählen Gedächtnisstörungen. Betroffene können sich schwerer erinnern und neue Informationen schlecht aufnehmen. Auch Sprachprobleme kommen hinzu. An Demenz erkrankte Menschen können Gesprächen oft kaum folgen. Sie finden nicht die richtigen Worte, wenn sie etwas sagen möchten. Alltagstätigkeiten wie das Kochen fallen zunehmend schwer. Zudem finden sie sich in der vertrauten Umgebung weniger gut zurecht, weil die zeitliche und räumliche Orientierung beeinträchtigt sein kann. Oft ziehen sich die Betroffenen zurück.
Die Diagnose Demenz kann die Angehörigen überfordern. Das zeigt auch die vom Fonds Soziales Wien durchgeführte Demenzstudie 2022/2023. Die Bezugspersonen kommen oft gefühlsmäßig nicht mit der Situation zurecht. Zusätzlich sind sie mit der Neuorganisation des Alltags überfordert. Zudem fällt es ihnen schwer, das Verhalten der Betroffenen richtig zu deuten. Wenn die demenziell erkrankte Person etwa wütend oder aggressiv ist, wird die Bezugspersonen oft hilflos. Hier ist es gut zu wissen, dass das aggressive Verhalten eine Folge der Verunsicherung sein kann, aber auch eine Reaktion auf entmündigendes Verhalten durch andere Menschen. Erkrankt ein Familienmitglied an Demenz, ist es wichtig, sich Unterstützung – etwa in Form von Beratung – zu suchen. Denn wenn die Familie mehr über die Erkrankung weiß, kann sie besser damit umgehen.
Wie Angehörige besser mit Demenz umgehen können
Diese Strategien und Tipps helfen, um den Alltag mit einer Demenzerkrankung in der Familie besser zu bewältigen, und damit auch zur eigenen Gesundheitsförderung beizutragen.
- Geduld und Verständnis zeigen
Menschen mit Demenz haben eine veränderte Gehirnleistung, dadurch werden sie vergesslich. Für sie ist es hilfreich, wenn ihnen die Angehörigen mit Geduld und Verständnis begegnen. Kann sich die erkrankte Person an etwas nicht mehr erinnern, sollten Sie diese nicht korrigieren, um keine Schamgefühle zu erzeugen. Geduldig und verständnisvoll zu bleiben, ist nicht immer einfach, lässt sich aber trainieren. In Wien gibt es zum Beispiel den Erlebnisparcours „Perspektivenwechsel: Demenz“, bei dem Angehörige ihr Einfühlungsvermögen schulen können.
- Klare und einfache Kommunikation
In einem Gespräch mit einem demenziell erkrankten Menschen ist es wichtig, die Person ernst zu nehmen und keine „Babysprache“ zu verwenden. Sorgen Sie für eine ruhige, lärmarme Gesprächsatmosphäre. Schalten Sie den Fernseher oder das Radio aus, wenn Sie miteinander reden. Achten Sie darauf, dass das Gespräch ruhig verläuft und alle Beteiligten ausreden können. Verwenden Sie klare, einfache Sätze und sprechen Sie langsam. Sie können den Augenkontakt und die Körpersprache nutzen, um dem Gesagten mehr Ausdruck zu verleihen. Fragt Ihr Gegenüber nach, wiederholen Sie den Satz in Ruhe. Stellen Sie interessiert Fragen, aber fragen Sie nicht „warum“, „wieso“ oder „weshalb“. Vermeiden Sie Streitgespräche und versuchen Sie, allfällige Vorwürfe nicht persönlich zu nehmen.
- Routine und Struktur in den Alltag bringen
Demenz entwickelt sich über Jahre. Menschen mit Demenz finden sich in ihrer Umgebung immer weniger zurecht. Das verunsichert. Je weiter die Erkrankung fortschreitet, desto mehr haben die Betroffenen das Bedürfnis nach Sicherheit und Geborgenheit. Fixe Routinen und Strukturen im Tagesablauf unterstützen dabei. Wenn die an Demenz erkrankten Menschen es nicht mehr alleine können, versuchen Sie gemeinsam mit ihnen, den Ablauf des Tages so stabil wie möglich zu gestalten. Sorgen Sie dafür, dass die Person zu fixen Zeiten aufsteht, dass sie möglichst immer zur selben Zeit isst, und planen Sie tägliche Rituale ein, zum Beispiel einen kurzen Spaziergang nach dem Essen. Aber machen Sie sich klar: Trotz des Bedürfnisses nach Schutz wollen sich Menschen mit Demenz frei entscheiden können. Versuchen Sie daher nicht, die erkrankte Person zu etwas zu überreden oder gar zu zwingen.
- Fördern Sie die Selbstständigkeit
Auch wenn die an Demenz erkrankte Person zunehmend Hilfe braucht, sollte sie ihre Selbständigkeit, so gut es geht, erhalten. Ermuntern Sie sie, solche Aufgaben zu übernehmen, zu denen sie fähig ist. Sie können sie dabei auch unterstützen. Typische Alltagsaufgaben wie den Tisch decken, die Pflanzen im Garten gießen, gemeinsam etwas spielen oder ein Fotobuch basteln schaffen für die Betroffenen Erfolgserlebnisse und vermitteln Sinnhaftigkeit. Das stärkt das Selbstwertgefühl und unterstützt dabei, die geistigen Fähigkeiten zu erhalten. Je mehr Zeit in gemeinsames Alltagstraining fließt, umso selbstständiger bleiben die Betroffenen. Auch hier ist es wichtig, demenzkranke Menschen nicht zu bevormunden oder zu überreden, sondern auf ihre Interessen und Vorlieben einzugehen.
- Achten Sie auf Ihre eigene Gesundheit
Angehörige von Menschen mit Demenz stecken oft viel Zeit und Energie in die Betreuung des erkrankten Familienmitglieds. Das kann seelisch und körperlich anstrengend und überlastend sein. Deshalb ist es besonders wichtig, gut auf sich selbst und die eigene Gesundheit achten. Versuchen Sie, sich auch im Alltag bei kleinen Auszeiten zu erholen, teilen Sie sich die Pflege mit anderen Familienmitgliedern und holen Sie sich professionelle Hilfe. Bedenken Sie: Wenn Sie selbst keine Kraft haben, können Sie anderen nicht mehr helfen.
- Nutzen Sie Unterstützung und Netzwerke
Sich Unterstützung zu holen, kann bei Demenz in der Familie sehr entlastend für alle Familienmitglieder wirken. Diese Entlastung steigert nicht nur die Lebensqualität für die an Demenz erkrankte Person, sondern auch für die Angehörigen. Es gibt zahlreiche Beratungsstellen, Selbsthilfegruppen – diese sind im Wiener Selbsthilfegruppen Verzeichnis zusammengefasst – und Online-Communities, die Unterstützung anbieten. Dazu zählen unter anderem die kostenlose Demenzberatung der Volkshilfe Wien oder die psychosoziale Angehörigenberatung mit Schwerpunkt Demenz der Caritas Wien. Sie können sich auch mit anderen Angehörigen austauschen, um Ihre Erfahrungen zu teilen und sich damit nicht allein zu fühlen. In Wien gibt es zudem laufend Veranstaltungen zum Thema Demenz, bei denen Interessierte sich informieren, austauschen und mit anderen vernetzen können.
- Professionelle Hilfe in Anspruch nehmen
Auch professionelle Hilfe kann bei Demenz in der Familie unterstützen. In Wien sind beispielsweise die Tageszentren Oriongasse und Liesing auf Demenz spezialisiert. Dort werden Menschen mit demenziellen Erkrankungen tageweise begleitet und unterstützt. Das Personal ist spezifisch geschult und die Angebote sind auf die Bedürfnisse von demenzkranken Menschen zugeschnitten. Sie fördern deren Selbständigkeit und den Erhalt ihrer Fähigkeiten. Neben professioneller Hilfe gibt es auch Projekte, bei denen Menschen ehrenamtlich an Demenz erkranke Personen begleiten. Dazu zählen etwa das Projekt Freizeitbuddys der Caritas oder Demenz-Wegbegleiter*innen der CS Caritas Socialis. Für Angehörige sind Angebote wie diese sehr wertvoll, damit sie selbst hin und wieder Ruhe und Erholung finden.
Mehr Informationen über Demenz
- Demenzfreundliches Wien
Die Stadt Wien will bis zum Jahr 2035 demenzfreundlich(er) werden. Dafür wurde eine Demenzstrategie entwickelt. Dadurch soll das Leben von Menschen mit Demenz und ihren Bezugspersonen verbessert werden. - Ratgeber bei Gedächtnisproblemen
Die Broschüre „Gedächtnisprobleme? Erkennen, abklären und Hilfe annehmen“ der Gesundheit Österreich GmbH im Auftrag des Gesundheitsministeriums hilft, eine mögliche Demenz zu erkennen und sich an die richtigen Stellen zu wenden. - Hilfestellung für Angehörige
Die Broschüre „Mehr als vergesslich“ vom Hilfswerk Österreich ist ein Ratgeber für Angehörige von Menschen mit Demenz. Darin sind zahlreiche praktische Tipps für den Alltag enthalten.